Curling ist eine etablierte Winter(rand)sportart in der Schweiz. Ausserhalb der Bergregionen wird Curling (fast) ausschliesslich «indoor» betrieben. Dabei hat das Spiel unter freiem Himmel seinen speziellen Reiz – sei es bei Sonnenschein oder Schneefall. Weshalb also nicht «back to the roots» (Curling wurde in seiner Anfangszeit auf gefrorenen Seen in Schottland gespielt) und die Variante Open Air-Curling auch im (Zürcher) Unterland etablieren?
Um die Idee auch in die Tat umzusetzen, wurde das Projekt «CCZHOA» (Curling Club Zürich Open Air) gestartet. Dieses ist als Prototyp zu verstehen, welches in den vergangenen Wochen und Monaten iterativ konkretisiert und soweit wie möglich ausgestaltet wurde. Dabei war / ist die Vielfalt von verschiedenen Anspruchsgruppen mit unterschiedlichen Interessen und Bedürfnissen eine der grössten Herausforderungen, da die Machbarkeit von CCZHOA in starker Abhängigkeit zu diesen «Stakeholdern» steht.
Mit der entwickelten Methode Ecosystem Mindset kann dieser Komplexität mit einem systematischen Prozess und der daraus abgeleiteten proaktiven Vorgehensweise entgegengewirkt werden, was den «Design-Prozess» von CCZHOA im Spannungsfeld von Bedürfnissen und Machbarkeit vereinfacht und beschleunigt.
Wie können wir Open Air Curling – in einem komplexen System von Anspruchsgruppen sowie im Spannungsfeld Bedürfnisse vs. Machbarkeit - im (Zürcher) Unterland etablieren?
Open Air-Curling wird bis anhin nur in den Bergregionen gespielt und erfreut sich grosser Beliebtheit. Vereinzelt «geisterten» Ideen für Open Air-Spielmöglichkeiten im Unterland herum – Bis auf sehr wenige Ausnahmen aber ohne irgendwann umgesetzt zu werden. Ein kleines Trüppchen von Open Air-begeisterten Spielenden hat sich zum Ziel gemacht, das Spiel mit Steinen und Besen unter freiem Himmel im (Zürcher) Unterland zu etablieren.
Schnell zeigte sich, dass die Vielfalt von verschiedenen Anspruchsgruppen (Stakeholders) sowie das Spannungsfeld Bedürfnisse vs. Machbarkeit zwei zentrale Problemstellungen im Design-Prozess von CCZHOA darstellten. Diesen und weiteren Herausforderungen musste auf eine strukturierte Art und Weise begegnet werden, da ansonsten die Gefahr bestand, dass die Projektentwicklung ins Stocken geraten könnte und / oder die konkrete Ausgestaltung nicht oder zu wenig auf Bedürfnisse und Machbarkeit ausgerichtet wird.
Nach erfolgter «Initialzündung» im Design-Prozess von CCZHOA wurde unter anderem eine Stakeholder Map erstellt, welche die Vielzahl und Verflechtungen der verschiedenen Anspruchsgruppen aufzeigte. Um dieses «Big Picture» in der Innovationsentwicklung nach Double Diamond-Prinzip immer vor Augen zu haben und den Blick für das grosse Ganze nicht zu verlieren, wurde die Stakeholder Map ausgedehnt und zu einer Art «War Board» weiterentwickelt, welches als zentrales Arbeitsinstrument in der Projektentwicklung dienen sollte.
Relativ bald stellte sich aber heraus, dass ein solches «War Board» als Schnittstelle zwischen Ecosystem und Design-Prozess nicht geeignet war bzw. der Anspruch, alles auf einer Map orchestrieren zu können, aufgrund der gegebenen Komplexität illusorisch ist. Gefragt war eine Methode, welche «Big Picture»-Denken und konkretes Hinarbeiten sowie Ausgestalten im Design-Prozess verbindet, aber gleichzeitig auch voneinander trennt. Auf Basis dieser Erkenntnis wurde die «Ecosystem Mindset»-Methode entwickelt und angewendet:
VOR / NACH jeder Iteration wurden konkrete Problemstellungen und mögliche Szenarien («What if…») in Bezug auf den aktuellen Projektstand von CCZHOA je Stakeholder definiert und entsprechende Herausforderungen / Handlungsfelder (inklusive möglicher Beeinflussungen) abgeleitet, welche im nächsten Sprint bearbeitet werden sollen - Fokus auf Ecosystem
WÄHREND der Iteration wurde fokussiert an den entsprechenden Projektschritten gearbeitet ohne diese aber in irgendeiner Form in Relation zum bestehenden Ecosystem zu setzen bzw. die einzelnen Projekt- / Aufgaben-Schritte darauf zu «spiegeln» - Fokus auf Design-Prozess
Das Zusammenspiel zwischen Ecosystem und Design-Prozess sowie der dazugehörige Methoden-Prozess ist hier beispielhaft anhand von zwei Stakeholdern visualisiert.
Die Ecosystem Mindset-Methode wurde bei mehreren Iteration angewendet. Durch diese systematische und strukturierte Vorgehensweise konnte die Projektentwicklung beschleunigt werden ohne dabei das «Big Picture» auf das komplexe System von Stakeholdern mit deren Verflechtungen zu verlieren. Mittels kontinuierlichem Issue-Management gegenüber den verschiedenen Anspruchsgruppen konnten Herausforderungen und Fragestellungen mehrheitlich proaktiv gelöst werden und relevante Bezugspersonen für das Projekt CCZHOA auf eine positive Art und Weise sensibilisiert oder sogar begeistert werden.
Zentrales Learning in der Entwicklung von der ursprünglichen Stakeholder Map über das «War Board» bis hin zur Ecosystem Mindset-Methode ist, dass sich bestehende Komplexität nicht mit einer noch komplexeren Methode reduzieren oder lösen lässt. Die konkrete Anwendung der Methode hat gezeigt, dass weniger mehr ist bzw. eine Trennung von Ebenen und Schritten zielführender ist, als eine komplizierte, alles miteinander zusammenhängende Version davon, welche dann im «Daily Business» nicht praktikabel ist.