Finding Common Ground

Grundstein setzen für eine erfolgreiche Projektzusammenarbeit in bildungspolitischen Prozessen.

Von Patrizia Rüefli (2023)

Es besteht der bildungspolitische Auftrag, eine Schulreform voranzubringen. Das Ziel der Reform ist vorgegeben, aber es steht noch nicht fest, welche inhaltlichen Ausprägungen das Endprodukt haben wird. An der Schnittstelle zur Politik sind die Projektmitarbeitenden häufig Externe aus dem Bildungssystem, welche mit unterschiedliche Vorstellungen, Erwartungen und Positionen in der Projektgruppe mitwirken. Der Verhandlungsspielraum zu den Projektinhalten ist jeweils gross und Partikularinteressen müssen gegeneinander abgewogen werden. Die Herausforderung für die Projektleitung ist jeweils, diese unterschiedlichen Positionen und Erwartungen zum Projektstart zu bündeln und zu strukturieren, um die Chancen und Risiken für den Projektverlauf besser einschätzen zu können. 

Die Kick-up-Methode ist eine Strukturierungshilfe für den Projektstart. Mit der Anwendung der Methode wird beabsichtigt, auf unverfängliche Art und Weise die unterschiedlichen Vorstellungen explizit zu machen und daraus gemeinsame Anknüpfungspunkte, Chancen und Risiken für den weiteren Projektverlauf abzuleiten.

Wie können beim Kick-off Positionen und Verantwortlichkeiten sowie Chancen und Risiken zum Projekt sichtbar gemacht werden, um schneller den Boden für eine gemeinsame Ausrichtung zu bereiten?

Ausgangslage

Das Projektteam besteht aus zwei externen Personen aus dem Bildungsumfeld und der Auftraggeberin. Die Projektteilnehmenden kennen sich alle von der  Zusammenarbeit in anderen Projekten, aber vertreten unterschiedliche Organisationen und haben je eigene Vorstellungen davon, wie die bildungspolitischen Vorgaben inhaltlich umgesetzt werden sollen. Das Ziel des ersten Treffens war es einerseits die Projektteilnehmenden und ihre inhaltlichen Positionen besser zu verstehen und andererseits auszumachen, auf welchen Themen der Projektschwerpunkt gelegt werden muss. Es handelt sich nicht um einen offiziellen Kick-off mit allen zukünftigen Projektteilnehmenden, sondern um eine Vorbesprechung zum Bildungsreformprozess.

Vorgehen & Methodenanwendung

Vor dem Workshop
Die Projektleiterin zeichnet das Canvas an das Whiteboard, welches im Workshop-Raum vorhanden ist, und bereitet Notizzettel für die Teilnehmenden vor. Zudem wird das Canvas als A4-Vorlage für die einzelnen Teilnehmenden ausgedruckt.

Start Workshop
Die Teilnehmenden werden von der Projektleiterin begrüßt und im Check-in gebeten, ihre Motivation betreffend der Mitarbeit im Projekt kurz zu beschreiben. Nach dem Einstieg stellt die Projektleiterin die bildungspolitischen Ziele des Projekts vor. Die Projektteilnehmen wurden auch vor dem Workshops telefonisch bereits über die groben Ziele informiert.

Anwendung Kick-up
Kick-up, Teil 1 - Reflexion
Die Projektleitenden sind gebeten, die Fragen auf dem Canvas innerhalb von 15 Minuten zu beantworten und auf Notizzetteln festzuhalten. Die Antworten werden danach in der Projektgruppe geteilt und an das Whiteboard geklebt.

Kick-up, Teil 1– Rolle und Verantwortung der Teilnehmenden
Zuerst wird die Frage nach der Rolle der Teilnehmenden beantwortet. Es zeigt sich, dass diese Frage nur oberflächlich und nicht auf das Projekt bezogen beantwortet wird. Des Weiteren haben die Teilnehmenden Mühe, ihre Rollen klar zu benennen, weil sie zum Teil mehrere Hüte und Verantwortlichkeiten haben. 

Kick-up, Teil 2 - Worst-Case-Szenario
Die Antworten zum Worst Case Scenario zeigen eine interessante Übersicht dazu auf, welche Aspekte im Projekt aus Sicht der Teilnehmenden schief gehen können. Dabei werden die Antworten insbesondere auf Themen der Projektorganisation bezogen (Projektorganisation, Einbezug, Kommunikation). Die Projektleitung hakt nach, welche inhaltlichen Komponenten zu einem worst case scenario führen können.

Kick-up, Teil 3 - Schlagzeile
Diese Frage ist rasch beantwortet und kommt bei den Teilnehmenden gut an. Die inhaltlichen Positionen der Teilnehmenden werden klar. 

Kick-up, Teil 4 - Mein Beitrag
Die Teilnehmenden sind mit dieser Frage überfordert, da ihnen noch zu wenig klar ist, wie das Projekt ablaufen wird und welche konkrete Rolle sie darin haben werden. Die Projektleitung führt an Beispielen auf, wo und wie sie auf die Mitarbeit der Projektteilnehmenden angewiesen ist. 

Kick-up, Teil 5 - Konsolidierung
Nach der Beantwortung der einzelnen Fragen fasst die Projektleitung noch einmal die wichtigsten Erkenntnisse zusammen und leitet daraus ab, welche Themen Chancen und Herausforderungen bieten. Die Projektteilnehmenden stimmen dem Gesamtbild zu. 
 

Ergebnisse & Reflexion

Die Methode hat eine gute Grundlage geboten, um mit den Projektteilnehmenden ins Gespräch zu kommen und eine Übersicht zu erhalten, wo aus ihrer Sicht inhaltlich dringendster Handlungsbedarf besteht, wie sie sich einbringen können und welche Punkte ihnen in der Projektorganisation und -ausgestaltung wichtig sind. Folgende Verbesserungen sind nach der Durchführung des Workshops und im Austausch mit meinem Methodenprojekt-Partner ins Canvas-Template eingeflossen: 

  • Die Frage nach der Rolle der Teilnehmenden wird nicht separat aufgeführt, da die Antworten nicht sehr ergiebig sind. Stattdessen werden die Teilnehmenden aufgefordert, die My Contribution-Frage, das Worst-Case-Szenario und der Headline-Frage aus ihrer Rolle heraus zu beantworten. 
  • Die To Do’s-Frage ist optional anzuwenden. In meinem Anwendungsfall war es noch nicht notwendig, bereits die nächsten Schritte zu klären, da es um die grundsätzliche Projektausrichtung ging und noch keine konkreten Fragen geklärt werden mussten. 
  • In der Diskussion ist zu beachten, dass man sowohl die Projektorganisationsebene als auch die inhaltliche Ebene bei den Antworten abdeckt.
Whiteboard im Prozess
Whiteboard im Prozess
Workshop Unterlagen
Workshop Unterlagen

Titelbild: KI-generiertes Bild mittels Dall-E