Remote Inclusion

Ein Toolkit das eine Brücke von Digital zu Analog schlägt. Teilnehmende einer Online-Präsentation durchbrechen den Remote Status indem sie mit ihren Händen etwas physisches gestalten können.

Von Franziska Gut (2022)

Ausgangslage ist eine eineinhalbstündige Online-Präsentation bei der Trends für die kommende Saison vorgestellt werden. Vermittelt wird dies anhand eines digitalen Dossiers, das Vorschläge zu Farben, Materialien, Looks und Motiven beinhaltet. Die Teilnehmenden treffen sich für die Vorstellung digital.

Da die Moderatorin nur begrenzt nachvollziehen kann, was ihre Präsentation in den Köpfen der Zuhörenden auslöst, erhalten alle per Post eine Schachtel mit Stoffmuster, Pantone Textilfarbmuster, verschiedenen Utensilien plus eine zu A3 große aufklappbare Karte, auf der skizzenhaft die wichtigsten Einflüsse vorgedruckt sind. Diese Karte wird nun individuell beklebt und gestaltet. Ideen werden geteilt um das kreative Potenzial zu nutzen. Am Ende hält jede*r ein anregendes Ideenblatt in den Händen, das durch die eigene Gestaltung einen Erinnerungswert hinterlässt und als Grundlage für die weitere Produktentwicklung dient.

Wie können Zuhörende einer Online-Präsentation aktiv in einen haptischen und gestalterischen Prozess involviert werden?

Ausgangslage

Eine Gruppe von ca. 8-12 Personen sind zu einer Online-Präsentation zugeschaltet.

Das Publikum setzt sich aus verschiedenen Fachleuten wie Fashion und Print Designer, Product Manager, Category Manager, Category Director zusammen.

Die Fragen mit welchem Produkt ich unterschiedliche Teilnehmer*innen in einen kreativen Prozess einbinden kann und wie dies ohne grosse Bemühungen parallel zur Präsentation stattfinden soll waren und bleiben meine grössten Herausforderungen.

Vorgehen & Methodenanwendung

Wie kam es dazu?
Corona bedingt finden die meisten Präsentationen am Bildschirm statt. Als Referentin, die über Textilien & Farben berichtet, ist es wichtig dass die Teilnehmenden die Textilien haptisch erfahren und die Originalfarben vor sich haben. Zudem möchte ich nicht wie bisher einen Monolog mit kleinen Interaktionen halten, sondern eine kreative Co- Creation Situation erschaffen.

Wie bin ich vorgegangen?
Als Erstes hab ich schnell einfache Prototypen gestaltet, stiess dabei aber nicht zum Kern vor. Mit einer Methode des Verstehen, den «6W Fragen», habe ich mich an die Endnutzer gewendet um mehr über die Teilnehmenden in der betreffenden Situation zu erfahren.

Bestätigt hat sich, dass alle Involvierten die echten Farb- und Materialmuster in den Händen halten möchten.

Anwendung
In Zeiten von Corona, wo der persönliche Kontakt zunehmend reduziert wird, bekommt persönliche Post einen hohen Stellenwert. Vorfreude und Neugierde auf Interaktionen werden geweckt.

Zum Einstieg in die digitale Präsentation dient das Toolkit «Remote but creative» als Icebreaker. Es hilft dem Publikum zunächst anzukommen und sich gut einzurichten. Nun setzte ich das Toolkit als Vermittlungsmethode an. Als Rednerin eines fertig erstellten Trend Dossiers ist es mir wichtig, die verschiedenen Einflüsse auf meine erarbeiteten Vorschläge aufzuzeigen und die Teilnehmer*Innen in diesen Prozess einzubinden. Partizipativ haben nun die Zuhörer*innen die Möglichkeit zu den einzelnen Themen wie zum Beispiel Materialien, Farben und Stickers aufzukleben, sich Notizen zu machen und assoziativ dazu Zeichnungen und Ideen festzuhalten. Neue Ideen, Informationen und Erkenntnisse sollen laufend geteilt werden, so dass ein erster Dialog über die neuen Themen unter den Teilnehmer*innen stattfindet.

Als Feedback Methode fotografiert jede Person ihren wichtigsten Ausschnitt der Karte, stellt das Foto in den Chat und teilt seine Reflexion dazu den anderen mit.

Ergebnisse & Reflexion

Die Testpersonen haben sich über die persönlich zugeschickte Post sehr gefreut. Beim Gestalten der Ideenkarte ist mir aufgefallen, dass Unsicherheiten bezüglich der Anwendung aufgetaucht sind. Gewisse Personen wünschen sich konkretere Angaben zur Reihenfolge oder hätten gerne Vorgaben für Aufzuklebendes und Aufzuschreibendes. Besonders wichtig ist es, eine angenehme just do-Stimmung zu den Teilnehmenden zu kreieren um die Hemmschwelle für freies Gekritzel und Geklebtes zu senken.

Mir ist bewusst, dass mein Toolkit «Remote but creative» ein learning by doing Prozess ist und nach jeder Anwendung weiterzuentwickeln und zu verbessern ist. Für die Zukunft kann ich mir vorstellen, dass ich die Methode auch als Starterkit für einen Kick-off Workshop zur gemeinsamer Ideenentwicklung einsetze.

Post ist da!
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digitales & analoges Arbeiten
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zuhören und betrachten, aufschreiben, kleben, skizzieren,...
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und sich erinnern!
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