Im Auftrag des Leiters des Produktmanagements eines Finanzinstitut war ich als Agile Coach tätig.
Eine der Kernherausforderungen in grossen Organisationen ist es, dass die Kommunikation über den aktuellen Stand und die Probleme im Team schwierig sein kann. Die Ursachen können vielfältig sein, von fehlenden Möglichkeiten die komplexen Zusammenhänge zu kommunizieren, bis hin zu Hindernissen durch unterschiedliche Hierarchiestufen und zwischenmenschliche Konflikte.
Auch mir fiel zu Beginn meiner Aufgabe auf, dass in den Meetings mehrheitlich über die Details der fachlichen Probleme diskutiert wurde und für eine höherstufige Abstimmung und Koordination kaum Zeit war. Deshalb entschied ich mich ein Werkzeug zu gestalten, welches methodisch dabei hilft heraus zu zoomen und sich von der inhaltlichen Ebene zu lösen.
Über die Analogie zu einer Sportart die alle Beteiligten kennen und mögen habe ich mit dem «Taktiktraining» ein Reflexions-Tool entworfen, welches zu diesem Zweck in Meetings eingesetzt werden kann.
Wie können die Meetings im Produktmanagement so umgestaltet werden, dass sie effektiver werden? Wie können sich die Teilnehmenden im Meeting einbringen, über ihre Position reflektieren, und dabei Spass haben?
Im Produktmanagements eines Finanzinstituts erfolgte die Abstimmung der Bereichsleitung bisher im Rahmen von mehrstündigen Sitzungen. Durch das Meeting wurde anhand eines Word-Protokolls geführt, die Fortschrittskontrolle der strategischen Massnahmen erfolgte anhand einer Excel Liste. Diese Meetings wurden von den Teilnehmenden als ineffizient und die Arbeitsinstrumente als langweilig und nicht ansprechend beurteilt. Deshalb engagierte mich der Leiter des Produktmanagements als Agile Coach um die wöchentliche Sitzung und das Tracking der strategischen Aufgaben neu zu gestalten.
Im Rahmen eines Design-Projekts habe ich versucht Antworten auf die How-might-we Fragen zu finden. Die Massnahmen für ein effektiveres Meeting war die Transformation der mehrstündigen Teamsitzungen in ein wöchentliches Stand-up Meeting, das Tracking der strategischen Aufgaben am Kanban-Board* und der Einsatz des Taktiktrainings als Reflexions-Tool.
Das Standup-Meeting findet jeden Freitag Vormittag statt und gliedert sich in drei Teile.
Taktiktraining
Auf dem Magnetboard mit dem Kanban ist ein Fussballfeld abgebildet. Für jeden Bereichsleiter steht eine personalisierte Spielerfigur in einer eindeutigen Farbe zur Verfügung. Jede*r Teilnehmende positioniert seinen Avatar so wie er es für richtig hält auf dem Spielfeld. Anschliessend tauscht sich das Team über die Aufstellung und mögliche Verbesserungsmöglichkeiten aus.
Dauer: 10 Minuten
Kanban-Board
Das Meeting am Kanban-Board folgt einer klaren Struktur. Jede*r Teilnehmende stellt sich ans Kanban Board und gibt Auskunft zu den Dingen die er letzte Woche erledigt hat, womit er sich gerade beschäftigt und was in der nächsten Woche ansteht. Zu diesem Zeitpunkt werden auch die Taskkarten weitergeschoben. Wenn es neue Tasks gibt die auf das Board aufgenommen werden sollen, oder solche die blockiert sind, werden diese priorisiert besprochen.
Dauer: 20 Minuten
Spontane Klärung
Wenn sich im Rahmen der Task Besprechung am Board herausgestellt hat, dass ein Thema noch separat im kleineren Kreis diskutiert werden muss stehen anschliessend weitere 30 Minuten dafür zur Verfügung.
Dauer: 30 Minuten
Ergebnisse
Die neu entwickelte Struktur für die Teamsitzung, und das Taktiktraining im Besonderen wurde im ersten Stand-Up sehr positiv angenommen. Vom ersten Moment an lief der Dialog über die Analogie des Fussballspiels sehr gut. Die Teilnehmenden konnten ohne Probleme ihre aktuelle Situation und ihre Probleme auf das Framework des Spiels übertragen, gemeinsam diskutieren und Lösungsmöglichkeiten andenken. Als Facilitator musste ich keinerlei Hilfestellung geben und konnte mich komplett zurückziehen.
Reflexion
Bei der Synthese und der Ideation war ich etwas unsicher, ob ich aus den verschiedenen Ergebnissen der User-Research die richtige How-might-we Frage ausgewählt hatte. Das Thema Spass war der Teil welcher am weitesten entfernt war von den ursprünglich formulierten Vorstellungen des Auftraggebers. Somit war die Wahl für mich mit dem Risiko verbunden etwas zu entwickeln, das gar nicht gewünscht wird. Trotzdem blieb ich bei meiner Selektion, da ich mir einerseits sicher war, so am ehesten ein Alleinstellungsmerkmal kreieren zu können, und andererseits dieses Finding jenes mit den stärksten Emotionen war. Bis zum Schluss war ich mir nicht sicher ob die Methode angenommen werden würde. Das positive Ergebnis und die mühelose Integration in den Ablauf des Meetings war eine grosse Erleichterung und Bestätigung.
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* Mehr zur Kanban Methode findet man hier: Ohno, Taiichi (June 1988). Toyota Production System - beyond large-scale production. Productivity Press.